Adjektive bauen

Seit geraumer Zeit wollte ich schon mal eine Unterrichtsstunde zum Thema „Wortbildung“ durchführen. Meines Erachtens kann es auch speziell Schüler für den Fremdsprachenunterricht gewinnen, die sehr in mathematisch-logischen Kategorien denken und auch eine gewisse Abneigung gegen das sture Büffeln von Vokabeln besitzen.
Bei meiner Recherche im Netz habe ich jedoch relativ wenig didaktisiertes Material für den Unterricht gefunden. Insofern musste ich selber Hand anlegen, insbesondere mit der Unterstützung der Seiten beim ProGram-Projekt der Universität Heidelberg und bei norberto42.
Als Resultat herausgekommen ist ein Arbeitsblatt zur Morphologie von Adjektiven. Ich habe mich hier vorrangig auf Adjektive konzentriert, da hier der Einstieg in die Wortbildung für die Schüler am unkompliziertesten sein dürfte. In der Originalversion gibt es noch eine zusätzliche Übung zu Internationalismen, die an dieser Stelle aus Gründen des Urheberrechts nicht veröffentlicht werden kann.

Loblied auf Fast-Food-Ketten

Anschließend an den Revier-Artikel bei „niemehrschule“ eine Anekdote aus unserer Schule: Eine Griechisch-Lehrerin berichtete im PC-Pool über den „Wandertag“ ihrer Klasse in einer nahegelegenen Stadt. Da man nicht davon ausgehen kann, dass alle Schüler genug Proviant mithaben, wird eine Rastpause eingelegt. Welche Lokalität ist dafür ideal, auch aus Lehrersicht? Natürlich die Fast-Food-Bude mit den gelben Buchstaben, weil das Essen von der jungen Klientel jederzeit geschätzt wird und auch die Schweinereien ohne großes Murren vom Personal weggeräumt wird. Der Lehrer muss sich zudem nicht mit den ausbaufähigen Manieren der Schüler auseinandersetzen, keine Anstrengung, keine Spannungen. Wenn sich die Schüler nicht benehmen können, ist das eine Sache des Elternhauses und sollten nicht von den Pädagogen während einer solchen Aktivität kritisiert oder gar mühsam korrigiert werden. Aber um die Frage vom „teacher“ aufzunehmen: Umgehen wir auch hier die Probleme?

Dicke Schinken

In den kommenden Wochen stehen wieder mündliche Prüfungen für die sechsten Klassen an (in den Niederlanden ist dies der Abiturjahrgang). In jenem Fall sollen die Schüler drei deutschsprachige Werke komplett lesen oder alternativ zwei „dicke Schinken“ aus der Güteklasse Fontane oder Thomas Mann. In Italien war ich es gewohnt, dass die Schüler nur Ausschnitte aus wichtigen Werken der Literaturgeschichte lasen, ganze Bücher wurden nicht behandelt. Und auch selbst als Schüler eines Deutsch-Grundkurses kann ich mich nur daran erinnern, dass wir pro Halbjahr circa ein Buch durchnahmen. In meinem Fall waren es Wedekinds „Frühlingserwachen“, Goethes „Faust I“, Süskinds „Das Parfüm“ und Schlinks „Der Vorleser“.

Beim Rest der Zeit weiß ich gar nicht mehr so recht, was wir so eigentlich machten. Ich kann mich nur an ellenlange und ermüdende Aufsätze erinnern, in denen meist ein lyrisches Werk interpretiert wurde. Ja, Interpretieren, interpretieren, interpretieren – so hieß die Devise, allerdings ohne strengen Bezug zur Literaturgeschichte, so ist heute mein Eindruck. Es wurde nicht eine literarische Epoche nach der anderen durchgenommen, wie ich es in Italien erlebte. Von Autoren der Wendeliteratur oder Nachkriegszeit habe ich zu meiner Schulzeit fast nichts gehört, wurde unter den Tisch gefallen mangels Zeit (!) oder vielleicht Interesse des Lehrers, italienische Schüler lesen dafür Kunze und können auch etwas mit Böll anfangen, zumindest „in teoria“.

Jetzt, also in den Niederlanden, wird mir diese Leseträgheit wieder bewusst. Die rund 60 Schüler aus der Abiturstufe haben bei der Auswahl ihrer Prüfungsliteratur voll zugelangt und ich muss dabei teilweise passen: Eine Vielzahl von Werken von Brecht, Böll, Fallada, Hesse, Thomas Mann, Schnitzler, Wolf und nicht allzu sehr bekannte Dramatiker wie Fleißer oder Kaiser finden sich in der Gesamtkollektion der Schüler. Es sind auch bei den bekannten Autoren wie Schnitzler oder Fallada nicht nur die größten Publikumserfolge dabei, sondern auch Werke der „zweiten Kategorie“ wie „Anatol“ oder „Der Trinker“.

Ich bin auf die Prüfungen gespannt, man darf nicht vergessen, dass die Jugendlichen den Stoff in der Fremdsprache lesen, niederländische Übersetzungen sind nicht selbstverständlich. Ich würde es fast schon verstehen, wenn sie aus Zeitnot auf die (komplette) Lektüre eines Werkes verzichten würden und dann bei Wikipedia & Co. schnellen Rat suchen. Das wäre vielleicht etwas für eine empirische Examensarbeit: Merkt man es an der Note und/oder am Auftreten, wenn sich ein Schüler ausschließlich mit diesem Hilfsmittel auf einer Literaturprüfung vorbereitet hat oder kann er es vertuschen? Ich würde es gerne ansatzweise probieren, aber ich erwarte nicht immer ehrliche Antworten seitens der angehenden Abiturienten (ich erspare mir an dieser Stelle ein Witzchen über einen ehemaligen Verteidigungsminister).

Der Trinker