Kreidestaffel

Manchmal wende ich Methoden an, deren Name ich nicht kenne. Bei Italienisch (und gelegentlich auch bei Philosophie) lasse ich  Schüler an die Tafel kommen und Tabellen ausfüllen bzw. einzelne Sätze notieren. Ich wähle dazu keine Schüler aus, sondern gebe  nur ein Zeichen, dass die Tafel frei ist. Diese Phase der Sicherung gibt mir Luft, Schüler werden aktiviert und es ergibt sich meistens ein spannendes und vor allem nicht fehlerfreies Tafelbild, an dem sich Diskussionen zur Klärung der Fehler anschließen.

Seit Dienstag weiß ich, dass diese Methodik „Kreidestaffel“ heißt. Es stehen natürlich mehrere Kreidestücke zur Verfügung, die Schüler können sich ganz gut selbst organisieren, Karambolagen gibt es nie. Dumm ist nur, wenn der Lehrer die Tafelgröße schlecht einschätzt und damit eine Spalte wegfallen muss. In jenem Fall war es eine Spalte über einen Sänger, zu dem die Schüler Informationen im Internet aufsuchen sollten. Das ist ärgerlich, wenn da die Wertschätzung der Arbeit buchstäblich aus dem Rahmen fällt.

Umgekippt

Vehement wehrte ich mich, im Sekretariat anzurufen und mich krank zu melden. Trotz triffender Nase, ich wollte diesen Unterrichtsbesuch am letzten Donnerstag ohne Wenn und Aber durchziehen. Am Ende war es genau richtig so. An einem Sonntag beim Aufstehen ist mir die Idee gekommen, diese dann kurz mit dem Ausbildungslehrer abgesprochen, die Reihe durchgeplant und schließlich am Wochenende davor die Stunde konzipiert. Ein kurzer Input, wenig zähes Unterrichtsgespräch, viel Schüleraktivierung und ein Haufen netter Produkte. Slapstick gab es auch, dank einer enorm klemmenden Klassenzimmertür. Dazu gesellte sich ein Entwurf, der kaum Fragen offen ließ. Wenn sich Fachseminarleiter in der Beratungsphase schwer tun, dann ist das meistens ein ziemliches gutes Zeichen. Besser wird es nicht mehr werden, man wird nur noch enttäuschen können. Es ist aber schön, dass ich in der Mitte der Ausbildung ein deutliches Zeichen gesetzt habe.

Heute kippte eine Schülerin in meinem Unterricht um. Reaktion der Mitschüler: Gelächter, „passiert ja öfter bei ihr, in zwei Minuten ist sie wieder wach“. Das war heute nicht ganz so: Ich hetze ins Sekretariat, treffe eine ältere Kollegin, die mit Kühlbandagen bewaffnet mich begleitet und die Schülerin wieder zurückholt. Notruf war also nicht notwendig, dafür aber sicherlich eine eingehende Untersuchung, schließlich kippt die Schülerin fast jeden Tag in der Schule um.

Mehr Kuchen

In meinen EF-Kursen habe ich letzte Woche die Quartalsnoten verteilt. Ich bin ein sehr gnädiger Verteiler von Noten zur Sonstigen Mitarbeit, die mieseste Zensur war eine 4.

Als Kontrast zu dieser Bewertung sollten die Schüler auch mich bewerten, natürlich „anonym“ (so weit es die Schrift erlaubt). Ich ging also die letzten Minuten raus, um die Quartalsnoten zu besprechen. In der Zwischenzeit durften die Schüler ihre Bewertung schriftlich festhalten.

Markantes von der Positiv-Seite: Tiramisù und Kuchen (jeweils nach den Unterrichtsbesuchen verteilt), Vorbereitung, Erklärungen, Klassenarbeit, abwechselungsreicher Unterricht, Internet-Hausaufgaben, neue Schuhe, Partner- und Gruppenarbeit.

Negativ: zu wenig Kuchen, Unterforderung im Italienischkurs (hätte ich nicht gedacht), zu viele Arbeitsblätter, Sandalen, schwierige Texte (im Philosophiekurs), zu viele Methoden, Partner- und Gruppenarbeit.

Mich freut zunächst, dass nichts Gravierendes auf dem Negativ-Konto steht (kann sich keine Schülernamen merken, zu streng, zu lasch, schlechte Erklärungen, Bewertung unklar…).  Auf der anderen Seite frage ich mich, wie ich die genannten Mängel ausgleichen kann. Es wird beispielsweise schwierig, mehr Binnendifferenzierung nur mit dem Lehrbuch zu betreiben. Dazu brauche ich häufig selbst gestaltete Arbeitsblätter. Und bei Themen wie Partnerarbeit oder Spielen scheidet sich die Schülerschaft, das würde ich nur sehr ungern einer meuternden Klasse  zuliebe opfern.

Morgen kommt mein Kernseminarleiter und schaut sich meine Italienisch-Klasse an. Ich bin auf die anschließende Besprechung gespannt. Und am Donnerstag ist dann Halbzeit bei den Unterrichtsbesuchen. Musikalische Empfehlungen meines Betreuungslehrers dazu: „Depressionen aus der Hölle“ oder „Was hat dich bloß so ruiniert“ von den Sternen.

Aufstand der Kleinen

Im letzten Fachseminar Italienisch ging um die Binnendifferenzierung im Unterricht. Es wurde eine Methode für Hördialoge vorgestellt, die mehrzügig alle Schüler ins Bott holt. Sie funktioniert wie folgt:

  • Nach dem ersten Hören des Dialogs und dem Abklopfen des Globalverständnisses geht es zum Detailverständnis. Die Schüler erhalten die gleichen Fragen, jedoch in unterschiedlicher Form. Für den Dialog T2 im Lehrbuch „In piazza“ sah das so aus, dass vor allem Geldbeträge gefiltert werden sollten. Ein Teil des Kurses erhielt dazu Arbeitsblätter mit Multiple-Choice-Fragen, die besseren Schüler bearbeiteten Bögen mit Freistellen bei den Beträgen. Bei der Sicherung des Detailverständnisses konnte eigentlich jeder Schüler etwas beitragen. Interessant wird es noch, wenn man Fragen einbaut, die unbekanntes Vokabular in der Antwort beinhalten. In dem Fall waren es zwei Namen von italienischen Liedermachern. Dann überflügelten auf einmal die schwachen Schüler den starken Teil der Klasse, da die Namen nicht von diesen Schülern identifiziert werden konnten.
  • Als Abschluss habe ich ein Arbeitsblatt ausgeteilt (kann ich hier leider nicht zur Verfügung stellen), das in Partnerarbeit bearbeitet werden sollte und den Dialog in seiner Gesamtheit rekonstruiert. Das Ding war so ein bisschen wie ein Flussdiagramm aufgebaut und enthielt noch einige Leerstellen (in dem Fall das Zusammenrechnen der Beiträge).

Sehr spannende Methode, finde ich, aber natürlich auch eine immense Arbeit, das für jeden Hördialog zu erstellen. Auf der anderen Seite ist es ja kein einmaliger Aufwand, wenn in den kommenden Jahren wieder die gleichen Klassenstufen unterrichtet werden.

Dazwischengeschoben

Ein gravierendes Problem bei der derzeitigen Referendarsaubildung ist die Organisation des Ausbildungsunterrichts. Neun Stunden völlig eigenständiger Unterricht sind wirklich toll, ich kann in Ruhe Methoden und Themen zirkulieren lassen, ohne dass das mal irgendjemand beobachtet oder kommentiert. Das entlastet. Nicht falsch verstehen, Kritik ist wichtig und genau das ist der Punkt. Die zusätzlichen Ausbildungsstunden sind ein einziger Krampf und das liegt nicht (vorrangig) an Spannungen mit dem Fachlehrer, sondern an der Organisation der Stundenpläne.

Mein Fall: Ich habe zwei Außenseiter-Fächer, die aufgrund von Kooperationen auch gerne in entsprechende zeitliche Schienen gelegt werden. Dies hat zur Konsequenz, dass neben dembedarfsdeckenden Unterricht (bdU) häufig gleichzeitig andere Kurse des gleichen Faches laufen, die ich natürlich nicht besuchen kann. Dazu kommt, dass ich aufgrund des Studienseminars am Montag nur bis maximal 12 Uhr in der Schule sein kann. Ohne Probleme kommen wir also auf rund 15 Stunden potenziellen Ausbildungsunterricht, den ich aufgrund anderer Verpflichtungen nicht verfolgen kann. Derzeit bin ich in zwei zusätzlichen Kursen aktiv, bei denen ich nur die Hälfte des Unterrichts sehe. Das sieht dann beispielsweise so aus: Die Einzelstunden am Montag und Dienstag fallen für mich flach, da unterrichtet der Kollege, am Donnerstag übernehme ich die Doppelstunde.

Meine Fragen dazu: Wie soll ich da zeigen, dass ich eine Unterrichtsreihe vernünftig in die Praxis umsetzen kann? Wie kann ich ein angemessenes Verhältnis mit den Schülern aufbauen, wenn ich in den Ausbildungsklassen nur Gastspielauftritte habe? Warum werden unzählig viele Regeln aufgestellt, wo und wann ein Unterrichtsbesuch erfolgen soll? Natürlich ist es sinnvoll, ein breites Spektrum an Inhalten und Methoden zu zeigen, aber muss man beispielsweise festlegen, dass der dritte Unterrichtsbesuch in der Sekundarstufe II stattfinden soll?

Summ summ

Der Zeit-Artikel über Humor im Hörsaal enthält auch methodische Anregungen für den Schulunterricht. So stellt Suda die Summ-Abstimmung vor: Eine Frage wird gestellt und die Lautstärke des Summ-Tons stellt die allgemeine Zustimmung im Plenum dazu dar. Bevor man diese Methodik aber wirklich einsetzt, sollte man vorher die Klasse „kalibrieren“. Jedoch ist es wohl eine nette Möglichkeit, um anonyme Abstimmungen durchführen zu können.

Auch die Schlagzeilen-Frage am Ende einer Einheit hat ihre Reize. Letzte Woche habe ich erstmals eine ähnliche Methode, das „Blitzlicht“, mit einigen Philosophie-Klassen am Ende der Stunde durchgeführt. Ich war überrascht, wie ausgereift die Beiträge der Schüler waren und dass die volle Aufmerksamkeit des Kurses vorhanden war.

Ein anderes Erfolgserlebnis war der „mercato delle case“ (Wohnungsmarkt), der letzten Freitag in meinem Italienisch-Kurs zu finden war. Ein Teil des Kurses war Vermieter und der andere Teil brauchte eine Wohnung/ein Zimmer, jeder natürlich mit inviduellen Rollen und Anforderungen. Vorher noch ein Blatt für die Redemittel ausgeteilt, fünf Minuten zum Überlegen gegeben und dann ging es schon los! Ich muss die Schüler loben, wenig Deutsch war zu hören, keinerlei disziplinäre Probleme. Ich mag den vorbereiteten Omniumkontakt: Die Schüler können mehrmals den Dialog durchspielen, jedoch mit Partnerwechsel, so dass Langeweile quasi nicht aufkommt. Und dazu hat jeder ein sprachliches Erfolgserlebnis, das ist wohl das Wichtigste.

Ich hoffe, dass kein falscher Eindruck entsteht, in meinem Unterricht laufen auch genug Sachen gegen die geplante Richtung: Überlange Einstiege, mies gestellte Fragen, disziplinäre Versäumnisse, manchmal dahinseichende Konzentration – alles ist dabei, allerdings gehe ich damit momentan relativ entspannt um. Die letzten Monate haben viel Fortschritt generiert und ich bleibe am Ball, insofern werden sich auch diese Probleme früher oder später in einen relativ erträglichen Rahmen bewegen.

Compito per casa: La Gazzetta dello Sport

Das passiert so selten, deswegen muss es vermerkt werden: Ich habe mir eine wirklich sehr nette Hausaufgabe ausgedacht. Kommende Woche werden wir im Italienisch-Kurs die Nationalitäten und die Zahlen bis gefühlt unendlich behandeln. Als vertiefende Hausaufgabe sollen die Schüler die Seite der La Gazzetta dello Sport aufsuchen und dann folgende Aufgaben erfüllen: Sich bis zum Kader der eingeteilten Mannschaft durchklicken (Julia beschäftigt sich mit Napoli, Marko mit Juventus… – also keine Chance zum Abschreiben, haha), dann vier nicht-italienische Spieler auswählen und kurz beschreiben (Name, Nationalität, Trikotnummer).