Achselzucken

Es ist für mich ein wenig ungewohnt, dass ich derzeit ganz wenig unterrichte. Das fing schon mit der Zeit vor dem Examen an, als ich lediglich meine Prüfungskurse begleitete. Es hört sich komisch an, aber darunter leidet der Rhythmus, weil die wenigen Stunden natürlich perfekt laufen müssen, gerade vor dem Examen.

Völliger Käse.  Absurderweise habe ich in Philosophie wohl die schlechteste Stunde der Reihe gezeigt und das tat vor allem meiner Ausbildungslehrerin leid, die am Prüfungstag nicht anwesend sein konnte. Ich werde wohl auch nie das Gesicht meiner Fachseminarleiterin vergessen, wie sie nach dem vermurksten Tafelanschrieb mit den Achseln zuckte. Es wäre schön gewesen, an dem Prüfungstag zwei „perfekte Stunden“ gezeigt zu haben. Aber es passte zu meiner Ausbildung, dass eben nicht alles perfekt lief und der Tag war ein Spiegelbild davon. Die Schüler haben komischerweise nichts von den mir unendlich erscheinenden Fehlplanungen nichts mitbekommen: „Herr Witzmann war ganz normal wie immer.“ Das ist bei Schülern ein Kompliment, wenn man nicht gerade eine Oberpflaume ist. Manche Referendare dekorieren für ihre Examensstunden den Klassenraum komplett um, ich mag solchen Zirkus nicht und fand es schon leicht albern, Magnete in einer Examensstunde zu nutzen. Bin halt ein verknöcherter Referendar, aber die Schüler mögen es scheinbar, ich freue mich jetzt auf die letzten zwei Wochen an meiner Ausbildungsschule.

Geschafft

Am letzten Freitag habe ich es endlich geschafft. Es war kein so grauenhafter Tag, wie ich es mir davor eigentlich ausmalte. Ein bisschen war es auch wie zur Fußball-WM 2006: Wochen davor nur trübes Wetter und dann auf einmal grandioser Sonnenschein und ein Schulvolk, das den lokalen Referendar mit vollem Eifer unterstützte. Grausam sind eher die letzten Tage vor dem Examen, wenn die Lehrziele auf einmal läppisch erscheinen und der Unterrichtsgang plötzlich jeglicher Logik entbehrt.

Aber selbst die Pleiten und Pannen des Tages (wie die wüsten Zwischenergebnisse der Schüler bei der Philosophie-Stunde) konnten weder mich aus der Reihe bringen noch die Prüfer zu einem brutalen Urteil bewegen. Die Italienisch-Einheit lief traumhaft und war wohl der Grund dafür, dass man in mir doch einen fähigen Lehrer sah. Das Kolloquium war wiederum pures Harakiri und ich kämpfte mich wacker durch die Mehrfach-Fragen-Serien des Fachleiters für Philosophie: „Können Sie den Begriff ‚Wert‘ erläutern? Also im Vergleich mit Tugenden! Und vielleicht auch die Bedeutung für den Unterricht heute…“ Wer wäre danach nicht völlig durch den Wind?

Gerade in solchen Prüfungsetappen zeigte sich an unserer Schule eine tolle Verbundenheit: Ältere Kollegen klopften mit den Referendaren die Examensstunden ab und richteten auch manches Mal moralisch auf, Schüler stemmten die abstrusesten Arbeitsaufträge und nach dem Examen wurde im Lehrerzimmer dann auch mal gemeinsam ein Bierchen geköpft.