In einer der ersten Sitzungen des Kernseminars (Allgemeine Didaktik für Referendare) haben wir an einer Traumreise teilgenommen: Der Seminarleiter bat uns die Augen zu schließen. Ich kam dieser Aufforderung nach und wir sollten uns an unseren ersten Schultag erinnern. Ich habe mitgemacht, aber gleichzeitig habe ich es innerlich als esotherischen Schwachsinn abgetan und ich war mir damals ziemlich sicher, dass ich nie eine Traumreise in meinem Unterricht machen werde. Ich bin ein verkopfter Typ (hat auch mal ein Schuldirektor zu mir gesagt), manchmal zu ironisch, nein, nicht zynisch, ich will ständig Lernertrag, also zu mir passt die Traumreise nicht, die Schüler werden darauf nicht eingegen und es albern finden.
Es ist nun nicht so, dass ich jede Stunde mit einer Traumreise einleite und abschließe, aber wenn sich mal die Gelegenheit ergibt, lasse ich die Schüler die Augen schließen und ich erzähle eine Geschichte und male eine Umgebung aus, in der die Schüler hineinfallen. Keine Gruselgeschichten oder Märchen, sondern von mir spontan ausgedachte Reisen zum Unterrichtsthema (in spiaggia, in der Großstadt), meistens mit einer komödiantischen Note und manchmal absurd werdenden Geräuschkulisse.
Einen sichtbaren Lernertrag erzeuge ich dadurch nicht, die Methode entzieht sich größtenteils sich dem Prinzip der Sicherung und des Transfers. Wer würde sich schon trauen, eine Traumreise in einem Unterrichtsbesuch zu zeigen?
Der Großteil der Schüler mag (dennoch) die Traumreise, mögliche und durchaus überlappende Gründe:
- Der Schüler muss nicht(s) schreiben oder lesen.
- Er hat einen Sinn für meine Erzählweise oder meinen Humor.
- Er muss sich auf keine Person oder ein Medium konzentrieren, sondern nur auf sich selbst.
- Er träumt gerne und lässt sich in seine Gedanken fallen.
- Er genießt die Ruhe und die Entspannung.
Als ich Kollegen vom Einsatz der Traumreise in meinem Unterricht erzählte, haben sie das wohl auch als esotherischen Schwachsinn abgetan.