Curricula

Bei den letzten beiden schulinternen Fortbildungstagen habe ich mich mit Curricula auseinandergesetzt und die nächste Fortbildung wird sich ebenfalls mit der Erstellung eines Curriculums befassen. Für einen bestimmten Anteil der Kollegen ist das ein Graus, da es ihrer Meinung nach viel Schreibarbeit für die Katz darstellt. Ich sehe das nicht ganz so.

Ein Curriculum beinhaltet Vorgaben, die den Leitlinien des landesweit gültigen Lehrplanes des Faches folgen, allerdings auf die spezielle Schulumgebung zugeschnitten sind. In einem Curriculum befinden sich deshalb meistens Angaben zur Schule selbst, zur Rolle des Faches in der Schule, zu den zu erwerbenden Kompetenzen in den verschiedenen Jahrgangsstufen und auch zur Leistungsfeststellung. Gerade die letzten beiden Punkte sind von besonderer Bedeutung, da sie die individuelle Unterrichtsgestaltung erheblich beeinflussen (können).

Ein Curriculum schwankt zwischen Freiheit und Einschränkung. Die landesweit gültigen Lehrpläne skizzieren oft nur grob die inhaltliche Ausrichtung in den Jahrgangsstufen. Wenn im Lehrplan Philosophie für das erste Halbjahr der Klasse 11 als Thema „Ethik“ angegeben ist, könnte ich in dem Zeitraum Kants Kritik der praktischen Vernunft durchackern oder einen Querschnitt durch alle ethische Positionen der Neuzeit ziehen. Analog bei der Leistungsfeststellung: Lasse ich jede Stunde einen Vokabeltest schreiben oder erspare ich mir das Abprüfen? Meistens sagt schon der gute Lehrerverstand, dass der Mittelweg die beste Variante darstellt. Aber das ist nicht selbstverständlich. Lehrer verfolgen verschiedene Ansätze und Interessen, der Lehrplan gewährt diese Freiheiten, aber es braucht einen gemeinsamen Nenner innerhalb der Fachgruppe der Schule. Dafür ist das Curriculum da und hier werden auch die Konfliktfelder sichtbar:

  1. Überregulierung: Jede Stunde wird durch die Angaben im Curriculum vorgeschrieben und es wird sogar strengstens auf die Einhaltung gepocht. Wir sind im pädagogischen Überwachungsstaat, das Curriculum ist der Selbstzweck.
  2. Belanglosigkeit: Das Curriculum spiegelt den Lehrplan, garniert mit ein paar Phrasen. Oft fehlt der Mut zum Konflikt mit dem Kollegen, aber es kann auch schlichtweg Faulheit sein. Folge: Jeder unterrichtet wie es beliebt.
  3. Ablehnung: Kollege X interessiert sich nicht die Bohne für die Inhalte des Curriculums (und manchmal sogar nicht einmal für den Lehrplan). Passiert durchaus noch und ist dazu noch sehr schwierig in den Griff zu kommen, außer durch die Pensionierung.
  4. Unselbständigkeit: Der Wille zur Ausformulierung der Inhalte im Curriculum ist da, allerdings fehlt die Kraft? Dann springt oft das Lehrbuch ein. Die Unterrichtsinhalte des Lehrplanes werden spezifiziert, aber interessanterweise genau nach den Themen eines Lehrbuches. Das ist praktisch, weil ja die Lehrbücher auf ihre Eignung geprüft werden, allerdings bleibt der fade Beigeschmack des didaktisch unmündigen Lehrers, der nur mit Buch unter dem Arm die nächste Stunde sicher bestreiten kann.

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