Die erste Kurswoche in Perugia hat mich auch als Fußballfan angesprochen. So durfte ich die Wörter „Zidanata“ und „Cassanata“ in meinen Wortschatz aufnehmen. Wer die beiden Spieler Zidane und Cassano kennt, weiß sicherlich, was sich dahinter für eine Handlung bzw. Verhalten versteckt. Dies war jedoch nicht der einzige Input, der während der insgesamt 35 Kursstunden gegeben wurde. Italienische Seminare sind anders strukturiert als deutsche – auf der Halbinsel steht der Dozent im Mittelpunkt der Veranstaltung. Teilweise hatte ich Kurse, in denen der Professor drei Stunden lang quasi ununterbrochen seine Fachinhalte darlegte. Auf den ersten Blick klingt das bieder und monoton, jedoch habe ich viele Lektionen dieser Art sehr genossen. Ein enthusiastischer Erzähler ist mir tausend Mal lieber als ein Seminar mit lahmen Referaten und laschen Diskussionen.
Eine Veranstaltung in der ersten Woche hat mich sehr beeindruckt: Im Teil „Dagli ‘anni di piombo’ a ‘mani pulite’ fino alla nascita della ‘Seconda Repubblica’“ wurde äußerst schematisch das politische System der Nachkriegszeit in Italien dargelegt. Dies betraf insbesondere die Geburt der beiden großen Fronten der Christdemokratie (DC) und des Kommunismus (PCI) aus dem antifaschistischen Widerstand hin zum „compromesso storico“. Dieser historische Kompromiss, der sich in den 70er Jahren einstellte, fand mit dem Attentat auf Aldo Moro im Mai 1978 ein klares Ende. Während der Vorlesung fand ich es beeindruckend, wie deutsche und italienische Geschichte in diesem Zeitraum parallel laufen und sich dann aber doch in einigen Punkten jäh unterscheiden. Der Ursprung in den Studentenprotesten, die neue Radikalität der Mittel, die enorme Intelligenz der „Roten“, aber dann die abweichende Parteienlandschaft und die heutige, in Italien quasi nicht existente Aufarbeitung.