Alles in Planung

Ich habe momentan sehr viele Stunden im Abitur-Jahrgang, was für mich sowohl bezüglich Disziplin als auch Schülerwissen eine sehr angenehme Sache darstellt. Etwas Besonderes ist, dass die Schüler dieser Klassenstufe einen Planer haben, der die Unterrichtswochen inhaltlich vorstrukturiert. Pro Stunde haben die Schüler drei bis vier Fragen zu beantworten, die jeweils zusammen mit einigen Vokabelhilfen dargelegt sind. Meist wird eine kurze Äußerung zu einem politischen, sozialen oder auch persönlichen Thema verlangt. Die Schüler wissen somit bereits mehrere Wochen vorher, was für ein Thema sie in der jeweiligen Stunde erwartet. Meines Erachtens greift diese Idee recht gut, auch wenn natürlich nicht alle Schüler zu den Unterrichtsstunden top vorbereitet sind. Viele Schüler sind sich darüber durchaus bewusst, verlangen sie sogar selbst Vokabelkontrollen, um dahingehend individuelle Nachlässigkeiten zu vermeiden.
Meine Aufgabe besteht nun darin, jeweils mit vier Schülern in einem anderen Raum die Aufgaben zu bearbeiten. Dadurch wird prinzipiell gewährleistet, dass die Deutsch-Lerner auch mal Gelegenheit haben, mehrfach während einer Stunde zu Wort zu kommen. Meist frage ich zu Beginn der Stunde, wer wirklich vorbereitet ist. Die großzügig gerundeten Statistiken zeigen, dass rund die Hälfte der Schüler hierbei nachlässig ist. Daher biete ich fast immer autarkes Material an, beispielsweise Artikel aus Zeitungen und Blogs, die zum Thema des Planers passen. Dies setzt die Schüler wieder auf ein relativ homogenes Niveau, so dass alle die Möglichkeit haben, mit Hilfe des Extra-Materials (und des darin enthaltenen Spezialvokabulars) ordentliche Redebeiträge zu produzieren. Insbesondere die Artikel sind meist etwas radikal bzw. provokant, so dass die Schüler doch einen gewissen Reiz zur Gegenargumentation verspüren. Ein Beispiel sei dieser Greenwashing-Artikel aus einem Blog der Zeit, den die Schüler trotz seines hohen Schwierigkeitsgrades schnell erfasst hatten und auch recht kontrovers kritisiert haben. Schade ist oft jedoch, dass wenig Zeit zu ausgedehnten Diskussionen bleibt und ich oftmals relativ abrupt abbrechen muss, damit wir das nächste Thema ansteuern können.

Hospitiert wird auch mal wieder

Mein Versprechen vom letzten Eintrag habe ich nicht so richtig gehalten, die Frequenz der Beiträge hat sich nicht erhöht. Jedoch soll das nicht heißen, dass die Arbeit an der neuen Schule keine frischen Inspirationen aufkeimen lässt. Im Gegenteil, durch das hohe Niveau der Schüler und auch den mir gegebenen Freiraum kann ich viel mehr ausprobieren und feilen, was auch hier im Blog seinen Niederschlag finden wird.
Die ersten Tage habe ich ein wenig hospitiert, was ich erst eher etwas belächelt hatte, aber mir dann doch einiges gebracht hat. In der pädagogischen Forschung wird ja viel davon gesprochen, wie die eigene Schulzeit die angehenden Lehrer prägt, allerdings habe ich vielleicht genauso viel durch die Begegnungen mit erfahrenen Lehrer während meiner Praktika und Assistentenzeit mitgenommen. Ich finde es faszinierend, wie sie einerseits feste pädagogische Vorstellungen besitzen, andererseits sie diese flexibel in der konkreten Unterrichtssituation anwenden und ihr Gefühl für die jeweilige Klasse unter Beweis stellen. Gute Lehrer reflektieren ihr Handeln sehr intensiv, ohne allerdings dem Schüler diese tendenzielle Unsicherheit zu zeigen. Oder welcher Schüler will schon einen zaudernden Lehrer haben?